Sekundentod (Petra Mattfeldt)

(c) ZERO Werbeagentur, München; Gettyimages / Andy Crawford; FinePic, München

Autor: Petra Mattfeldt
Titel: Sekundentod
Verlag: Knaur TB
Erscheinungsdatum: 14. Januar 2014
Seitenzahl: 368
ISBN-10: 3426514451
ISBN-13: 978-3426514450

Rezension:

Der Kriminal-Debütroman „Sekundentod“ von Petra Mattfeldt handelt von dem mit seiner Frau, Heike, zusammen in Lüneburg lebenden Kriminalkommissar, Fallanalytiker und Leiter der kleinen Polizeieinheit ‘Operative Fallanalyse’ Falko Cornelsen, welcher den Verbrechen stets auf seiner ganz eigenen Art und Weise auf die Spur ist. Ihm zur Seite steht ihm sein Ermittlungsteam, das sich aus Timo Breitenbach, einem bei den Frauen berüchtigten, allerdings ebenso kollegial bekannten Polizisten, Sarah Bischoff, einer ambitionierten ‘Jung-Profilerin’, sowie Ralf Kramer zusammensetzt, der aufgrund eines handgreiflichen Vorfalls in der Vergangenheit nicht mehr im direkten Außendienst tätig ist.

Der erste Fall dieses für die Leser neuen Quartetts beginnt in einem Außenbezirk der
entsprechenden Hansestadt mit dem Leichenfund einer durch Sekundenkleber ermordeten Buchautorin. Angelehnt an ihr noch nicht veröffentlichtes, neuestes Werk, wurde Selbiger nämlich sowohl die Nasenhöhlen, als auch der Mund verschlossen, wodurch die Schriftstellerin qualvoll zu Tode kam.

Während der ersten Ermittlungsschritte ergibt sich, dass alle bisherigen Bestseller der Autorin auf realen Verbrechen beruhen und auch in Düsseldorf ein halbes Jahr vor dem aktuellen Verbrechen ein ähnlich (ebenfalls durch Klebstoff erstickt) zu Tode gekommenes Opfer aufgefunden wurde.
Parallel dazu erhält man durch die sich kontinuierlich abwechselnden Erzählperspektiven nicht nur immer wieder Einblicke in das Privatleben von Falko, in dem seine eigentlich so harmonische wirkende Ehe, erst vor kurzem durch eine erneute Fehlgeburt seiner Frau belastet wurde und mittlerweile in gegenseitigen Misstrauen mündete, sondern auch in die von Anfang an gleichzeitig parallel verlaufenden Handlungen eines Mannes, welcher schwangere Frauen entführt und dessen letztem Opfer Kerstin, die verzweifelt versucht aus ihrem derzeitigen Martyrium zu entkommen beziehungsweise das Klügste aus ihrer prekären Situation zu machen.

So schreitet die Geschichte voran und man erfährt, dass durch die mit den Düsseldorfer Kollegen intensivierte Arbeit, ein erster Erfolg in dem zuvor verzwickt erscheinendem Fall erzielt werden konnte: Es kommt zur Verhaftung von Rafael Langer, ehemaliger Jurastudent, drogensüchtig und Verlobter des ersten Opfers aus der Rheinstadt, einer durch mit Fäkalien zu Tode zwangsernährten Krankenschwester. – Derweil erlebt das Eheleben des Protagonisten ein stetiges Auf-und-Ab, dessen man neben den sich häufig wiederholenden, ausführlichen Beschreibungen des besonderen Ermittlungsstils der Autosuggestion Cornelsens, leider Zeuge werden muss. Denn natürlich sollte diese eher eigenwillige Methode für den weiteren Handlungsverlauf und zum allgemein Verständnis einmal grundlegend erklärt werden, doch in dem gehäuften Ausmaß, wie es später im Roman vorkommt, ist es der Atmosphäre eher abträglich und ein erster kleiner Kritikpunkt des Ganzen.

Zur Hälfte des Buches findet die zu erwartende Wendung statt, da erstmals – zumindest dem Leser – einige Berührungspunkte der zuvor miteinander nicht direkt verflochtenen Handlungen ersichtlich wird und das „große Ganze“ der Geschichte Gestalt annimmt. Der Leichenfundort einer der zuvor vermissten, jetzt toten Schwangeren entspricht exakt dem Fundort der, wie im vom ersten Opfer verfassten Roman und später tatsächlich, ermordeten Gutachterin.
Dadurch werden nach und nach nicht nur weitere Zusammenhänge zwischen den Fällen hergestellt, sondern auch die übrigen Opfer, wie in den bereits publizierten Romanvorlagen „verarbeitet“, aufgefunden. Als Pfleger, Krankenschwestern, als auch Gutachterinnen im medizinischen Bereich und Mütter sind die Toten allesamt verantwortlich für das Wohl ihrer Schutzbefohlenen.

Erst auf den letzten Kapiteln und im Ende offenbart das Buch nicht nur die tragische(n) Geschichte(n) der Opfer und des Ermittlers Cornelsen, dessen Ehe nach einer Wende doch verloren ist, sondern auch eine ganz andere Tragödie. Eine Geschichte vom Versagen gesellschaftlicher Institutionen, dem Reißen des sogenannten Sicherheitsnetzes der Gesellschaft und eines jeden Einzelnen, der bewusst weg sah, sowie Fehlentscheidungen traf, deren daraus resultierenden Konsequenzen, ihm ebenso gleichgültig waren.

So regt einen die Erzählung zum Nachdenken über die schon oft diskutierte These an, ob man selbst das Produkt aus den Einflüssen der Umwelt ist und auch ab welchen Alter man Eigenverantwortlich seine Entscheidungen zu tragen hat.

Für ein Erstlingswerk, der im Prinzip von der Historik zum Kriminalbereich wechselnden Petra Mattfeldt, ist der Roman rund um Falko, seine Kollegen und deren Ermittlungen ein absolut solides Werk, in das man sich gut hineinversetzen kann und das mit einem von früheren Genre gewohnt flüssigen Schreibstil aufwartet.
Der Inhalt ist zwar verhältnismäßig schnell durchschaubar, was allerdings auch der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass ich erst vor kurzem ein Buch mit einer ähnlichen Thematik las, ansonsten jedoch sehr spannend geschrieben. Die Ermittlungen lassen sich leicht mitverfolgen, so dass die Geschichte einen jederzeit zum direkten Miträtseln einlädt.

Nichtsdestotrotz wirken einige Passagen der Handlung leider zu konstruiert, gerade was die unplausiblen „Fehlschlüsse“ des Ermittlungsteams, im ersten Drittel des Buches betrifft. Ebenso ist das Ende, insbesondere was den Falldurchbruch und wie dieser schließlich erzielt wurde, zusammen mit dem im Gegensatz dazu sehr guten, ausführlichen Beschreibungen der vorherigen Kapitel und dem nun eher überhastet geschaffenen Finale, ein sich an Klischees abarbeitendes Konstrukt, weshalb es einen Wermutstropfen darstellt.

Insgesamt eignet sich das Buch aber gut zum Zwischendurch lesen und ist definitiv einen Blick wert!

Quotes:

  • […] Die Zeit in der Sanduhr verrinnt, nimmt Korn für Korn ein Stückchen von uns mit in die Ewigkeit.

Wertung: 4 /7 Schreibfedern
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