Memory Man (David Baldacci)

© Nele Schütz Design, München; Unter Verwendung der Motive von shutterstock (Stokkete, symbiot)

Autor: David Baldacci
Titel: Memory Man
Übersetzer: Uwe Anton
Verlag: Heyne Verlag
Erscheinungsdatum: 31. Oktober 2016
Seitenzahl: 544
Originaltitel: Memory Man
ISBN-10: 3453270606
ISBN-13: 978-3453270602

Rezension:

David Baldacci, amerikanischer Meister der Spannungsromane, beginnt mit „Memory Man“ eine Kriminalserie rund um die Hauptfigur und dem Polizisten Amos Decker, der seinerseits wiederum nach einer persönlichen Tragödie aus dem Polizeidienst ausschied.

Der Ermittler, der sich als junger Mann und Student um einen NFL-Profivertrag für den Football-Collegesport bemühte und nach hartem Training schließlich für ein Team verpflichtet wurde, konnte seinem Traum nur in einem einzigen Spiel nachkommen. Denn nach wenigen Augenblicken auf dem Feld wurde er bereits von einem Gegenspieler extrem hart angegangen, so dass er mehrere Knochenbrüche und ein Schädeltrauma erlitt.
Diese Verletzung sollte fortan sein Leben bestimmen: nach der Krankenhausbehandlung wurde bei Decker das sehr seltene Phänomen namens Hyperthymestisches Syndrom festgestellt, was eine selektive Hochleistung des Gehirns ist. Betroffene können sich so gut wie jedes Detail ihrer Biographie als photorealistischen Film in Erinnerung rufen.Seither funktioniert seine Erinnerungsleistung wie einen Videorecorder, den er mit bewusstem Vor- und Zurückspulen steuern kann.

Außerdem ist Decker Synästhet. Diese Eigenschaften ließen die Fortführung der Karriere in der NFL illusorisch werden, so dass er eine neue Laufbahn, zunächst als Streifenpolizist, dann als Detective des Burlington Police Department, einschlug. Gerade bei Letzterer halfen ihm seine Geistesleistungen, so dass seine Ermittlungsergebnisse herausragend waren. – Insgesamt ist der Detective eine Figur, die vielleicht auf den ersten Blick surreal und unauthentisch, beim zweiten Betrachten jedoch interessant wie sympathisch wirkt.

Die Handlung von „Memory Man“ selbst, spielt über ein Jahrzehnt nach der Kopfverletzung. Amos Decker hat den Polizeidienst quittiert, als er bei der abendlichen Heimkehr vom Dienst seine Frau, die gemeinsame Tochter und seinen Schwager brutal ermordet auffinden musste. Es folgte ein heftiger Absturz bis hin in die Obdachlosigkeit, doch Decker schaffte den Neuanfang, auch durch die Gründung einer Privatdetektei. Trotzdem holt ihn die Vergangenheit schneller ein, als im lieb ist, als seine ehemalige Polizeipartnerin, Mary Lancaster, ihn nämlich mit der Nachricht überfällt, dass sich ein Mann namens Sebastian Leopold mit dem Geständnis, den Dreifachmord an Deckers Familie begangen zu haben, der Polizei gestellt habe.
Unbefriedigende Falldetails und ein Amoklauf an der örtlichen High School, führen letztendlich dazu, dass Decker als externer Berater bei den Amokermittlung mitwirken kann und dadurch Verbindungen zu den Mord an seiner Familie aufdeckt. Ferner wird auch das FBI involviert und nach und nach lassen sich nicht nur Ermittlungsfäden zum Dreifachmord wie dem Amoklauf, sonder gleichsam zu früheren Ereignissen ziehen, ehe es zu einem Showdown aller Hauptfiguren kommt.

Es gibt vielfältige Wege einen Spannungsroman aufzubauen. Manch ein Autor hat für sich ein Patentkonzept gefunden, dass bei jedem seiner Bücher als Grundgerüst verwendet werden kann. Naturgemäß funktioniert das vor allem bei Spionageromanen oder Serien à la Jerry Cotton besonders gut. Im Gegensatz dazu gibt es individuellere Texte, die mit feinsten Details ihrer Welten und Figuren aufwarten – was aber keinesfalls eine Romanreihe ausschließt: Memory Man ist meiner Meinung nach, ein souveräner Auftakt zu einer solchen Kriminalromanserie, denn Baldacci hat es geschafft, einen sehr runden, liebevoll handgemachte Handlung abzuliefern.

Außerdem hantiert er mit komplexen Sachverhalten rund um Neurophysiologie und Psychologie ohne dabei seine Leser abzuhängen oder bereits Fachkundigere zu verlieren. Auch ist die Vorgeschichte von Amos Decker nicht nur gut in den Kriminalfall eingewoben, sondern genauso realistisch erklärt, was gleichermaßen für die Gegenspielerposition gilt. Der Leser wird auf jeden Fall auf eine faszinierende Reise durch die menschlichen Verhaltensweisen mitgenommen, wobei Decker gegen einen ziemlich schillernden Charakter mit überraschenden Facetten wie Talenten antritt und dabei manch geschicktes Rätsel zu lösen hat. So dass auch einem Europäer, dem so manch typisch amerikanisches kulturelles Merkmal, wie beispielsweise die großzügige Verbreitung von Schusswaffen, die sozialen Strukturen oder die Art der Einbindung der Presse, die sehr an manche dokumentarisch aufbereiteten Fälle aus einer bekannten Fernsehserie erinnert, fremd sein dürften, von der Spannung mitgezogen wird.

Alles in allem ein schöner, kurzweiliger Thriller, den es sich zu lesen lohnt.

Wertung: 4,5 / 7 Schreibfedern

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