Die Flüsse von London (Ben Aaronovitch)

(c) Balk & Brumshagen; Lisa Helm - bridgemanart.com/ Guildhall Library, City of London

Autor: Ben Aaronovitch
Titel: Die Flüsse von London
Genre: Fantasy / Kriminalroman
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
Erscheinungsdatum: 01. Januar 2012 (Deutsche Ausgabe)
Seitenzahl:480
Originaltitel: Rivers of London
ISBN-10:3423213418
ISBN-13: 978-3423213417

Rezension:

‘Die Flüsse vonLondon’, ein Buch dessen Inhalt nicht nur stark polarisiert, sondern welches eine Zusammenfassung des Gleichen schier unmöglich erscheinen lässt, zumindest wenn man der eigentlichen Handlung nicht allzu viel vorweg nehmen möchte.

Nichtsdestotrotz werde ich mein Glück versuchen, denn grob wiedergegeben behandelt der Roman die Geschichte des Peter Grant. Einem etwas anderem Constable der Metropolitan Police, der an einem ungewöhnlichem Januarmorgen mit seiner Kollegin Lesley May, dazu beordert wird einen Tatort an der ehemaligen Schauspielerkirche des Covent Garden (London) zu sichern, an welchem sich zuvor widerum der Mord an dem sich später als Mr. Skirmish herausstellenden Mann ereignet hat. Ein Enthaupten, welches augenscheinlich ohne ersichtlichen Grund und im brutalen Affekt begangen wurde.

Zum Warten auf die nächste Schichtablösung gezwungen, philosophiert Peter zum Beginn des Buches daher nicht nur über sein Leben und den bisherigen behördlichen Werdegang (bald steht die Zuordnung in die verschiedenen Abteilungen an und er befürchtet in der Eigenschaft als Schreibtischhengst sich den Akten zuwenden zu müssen), sondern auch über die Stadt, in der er aufwuchs, an sich. – Über London, die Schauspielerkirche und seine historische Begebenheiten. An dieser Stelle kommen, ebenso wie im weiteren Verlauf der Geschichte viele interessante Fakten zu der Entwicklung dieser Metropole zum tragen, welche mit einer großen Liebe zum Detail immer wieder in die Handlung eingewoben wurde, so dass dadurch letztendlich dem Leser immer wieder das Leben der verschiedenen zeitlichen Epochen vor Augen geführt wird.

Bis sich schließlich Sir Nicholas Wallpenny, seines Zeichens Geist, bei ihm vorstellt und behauptet, den Mord auf dem Portikus der Kirche mitangesehen zu haben. Peter, verständlicherweise zuerst irritiert, sich dann jedoch seiner Pflicht bewusst, jede Aussage aufzunehmen, schenkt dem ‘guten’ Geist also Glauben und verrichtet seinen Dienst, wodurch ihm etwas später die Ehre zuteil wird, einer ganz besonderen Abteilung der Londoner Polizei zugeteilt zu werden. Seinen neuen Lehrmeister, Inspector Nightingale, begrüßend, in die Welt der Magie eingeführt werdend (er bezieht seine neue Unterkunft im Folly), sowie mit der Betreuung des aktuellen Falls zuständig, folgt er den aufgedeckten Hinweisen. Selbige bringen ihn, Lesley, sowie Inspector Nightingale vor die Tore der Villa des vermeintlichen Täters Mr. Coopertown. Dort eingetroffen werden die Drei umgehend Zeugen, wie der Beschuldigte nicht nur sein gerade ein paar Monate altes Kind aus dem Fenster wirft, sondern auch seine Frau umbringt, bevor er selbst mit dahin gerafften Gesicht (ein Erkennungsmal von sowohl überdosiert verwendeter Magie, als auch einem Zauberspruch bzw. Geist, der andere Leute gefügig macht und vorübergehend in deren Körpern lebt – die Wirt-Parasiten-Theorie) ins Jenseits übergeht.

Bei diesem Szenario soll es jedoch nicht bleiben, denn es geschehen weitere Morde nach gleichem Tatmuster. Ein ‘unvorhersehbares’ Ereignis zwischen zwei Personen passiert, das sozusagen das Ganze oder vielmehr den Stein ins Rollen bringt, diese zwei Personen begegnen sich dann erneut spontan, währenddessen ihr Streit eskaliert und einer den jeweils anderen im vermeintlichen Affekt tötet. Hierzu entwickeln die Protagonisten dann auch die Theorie, dass es sich bei den Vorfällen um die Taten eines Wiedergängers, einem ruhelosen Geist, der beispielsweise etwas sühnen möchte, handelt.

Nebenbei wird Peter natürlich auch immer mehr mit den Begebenheiten der Zauberwelt vertraut; so zum Beispiel auch während einer Vampireliminierung in einem Londoner Vorort, als er seine ersten Schritte mit praktischer Zauberei vollführt (das Produzieren eines Wehrlichts oder das Bewegen von Objekten), sowie bei der Schlichtung von Streitigkeiten der beiden Flussgeister der Themse. – Ab jenem Zeitpunkt steht ihm im Übrigen auch die Tochter der Mutter Themse, Beverly Brooke, fortan nicht nur bei seinen Ermittlungen, sondern in praktisch allen Lebenslagen zur Seite. Bis die Geschichte schließlich ihre erste Wendung nimmt und die tragische Komödie oder komische Tragödie, ein Schauspiel des Mr. Punch und Judy, beginnt beziehungsweise erst ihren Lauf nimmt. Nach einem “Aha-Erlebnis” und einem vereitelten Festsetzungsversuch des Wiedergängers, bei dem Inspector Nightingale schwer verletzt wird, gelangt man nämlich zum eigentlich Plot des Buches, wird sowohl über den Täter, dessen Instruktionen und die allgemeinen Hintergründe informiert, bevor sich Peter zum Ende hin selbst dem üblen Schurken stellen muss.

Soweit zum Inhalt, wobei leider die Motive des Wiedergängers im Gegensatz zu der seiner Komplizen bis zur letzten Seite des Romans unklar bleiben (selbst wenn man von der These ausgeht, dass der Wiedergänger sich erst aus dem Komplizen entwickelt habe). Ansonsten finde ich, dass Ben Aaronovitch ein wunderschöne Vorstellung der Magie vermittelt, denn so wie die Zauberkunst hier dargestellt wird (Vestigia, Forma der Gedanken, als auch die Emotionen und die eigene Sensibilität die für die Erschaffung des Ganzen erst von Nöten ist), bekommt man neben den bereits veröffentlichten Illustrationen eine phantasievolle Alternative geboten.

Dem im Widerspruch steht allerdings der etwas langatmige Schreibstil, der zwar gut die beiden Genres des Kriminalverbrechens und des Phantastischem miteinander verbindet, ebenso wie er prima die Details der geschichtlichen Hintergründe des Handlungsortes spiegelt, aber dies ist leider nicht dem Spannungsaufbau förderlich. Außerdem fehlt es mir ein bisschen an der Tiefgründigkeit der einzelnen Charaktere, da sie eher durch Oberflächlichkeit oder vielmehr durch das Wiedergeben klassisch, männlichem Humors brillieren und eben auch nicht über den bereits aufgeführten fehlenden Motiven des Haupthandlungsstranges hinweg täuschen können.

Das Fazit des Autoren oder zumindest was ich gewagter Weise dort hinein interpretieren würde, kann ich allerdings nur wieder unterstützen. Denn die potenziellen Opfer des Täters hatten (wie man erfährt, als Peter selbst in die Situation geriet) durchaus die Möglichkeit selbst sich dem entgegen zustellen und mit ihren durch Dritte gelenkten Taten aufzuhören. Man kann also immer selbst entscheiden, ob man sich provozieren oder es eben nicht zulässt. Aber die Welt ist nun einmal auch jeden Tag auf’s Neue sehr provozierend beziehungsweise nicht die Welt, aber leider ihre Bewohner und ein jeder muss seinen eigenen Schluss daraus ziehen. Wichtig ist nur, dass auf eine Aktion, nicht immer eine Reaktion folgt, allerdings durchaus und mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen kann.

Geworben wurde für das Werk übrigens häufig mit dem Zitat, dass es sich um einen Harry Potter für Erwachsene handele und dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass einige über die Ausführung des Gleichen mehr als nur entsetzt waren sprich das Buch negativ beurteilten. Wenn man von diesem hoch gepriesenen Vergleich jedoch einmal absieht (meiner Meinung nach, ist es sowieso fast unmöglich JKR das Wasser zu reichen) und das Buch als eigenständiges, etwas verrücktes, aber fantasievolles Werk betrachtet, ist es definitiv empfehlenswert.

Ich werde deshalb den diesen Monat erst erschienen, zweiten Band um Constable Grant “Der schwarze Mond über Soho” gerne ebenso unvoreingenommen, wie sein Debüt-Werk, lesen!

Quotes:

  • » Jemand schrie durchdringend, und im ersten Augenblick war ich keineswegs sicher, dass der Schrei nicht von mir kam. Mir war sehr nach Schreien zumute, aber es fiel mir gerade noch rechtzeitig ein, dass Lesley und ich die einzigen Polizisten am Tatort waren und dass es in der Öffentlichkeit keinen guten Eindruck macht, wenn die Polizei zu schreien anfängt. Mit der Aufgabe, Ruhe und Ordnung zu bewahren, ist es auch nur schwer vereinbar. Ich kam wieder auf die Füße und stellte fest, dass wir von einer Gaffermenge umringt waren. «

Wertung: 4,5 /7 Schreibfedern
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Ein Gedanke zu “Die Flüsse von London (Ben Aaronovitch)

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