Der Knochenjäger (Jeffery Deaver)

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Autor: Jeffery Deaver
Titel: Der Knochenjäger – ‘Die Assistentin’
Verlag: Goldmann (Taschenbuch)
Erscheinungsdatum: 01. Februar 2000
Seitenzahl: 512
Originaltitel: The Bone Collector
ISBN-10: 3442434599
ISBN-13: 978-3442434596

Rezension:

Der Kriminalroman „Der Knochenjäger“ von Jeffery Deaver handelt von einer Serie an unvollendeten, ebenso wie vollendeten Morden in New York City, welche von den Helden, dem tetraplegischen Spurensicherungsexperten Lincoln Rhyme, der ehemaligen Streifenpolizistin Amelia Sachs und weiteren Ermittlungscharakteren aufgeklärt werden müssen.

Der Einstieg in das mit einer Chronologie und nach Datum in fünf Teile gegliederte Werk ist sogleich die Schilderung der Entführung der ersten beiden Opfer, einem Mann namens John in mittleren Jahren, sowie seiner 28 jährigen Bankgeschäfts-Kollegin, Tammie Jean „TJ“ Colfax.
Man erfährt hautnah wichtige, aber augenscheinlich überflüssig erscheinende Details, die für die spätere Handlung relevant sind und bekommt einen ersten, spannenden Einblick in das Spiel mit den Ängsten eines Großstadtbewohners, wenn er das alltäglichste der Welt benutzen möchte und heran winkt: ein Taxi.

Ein daraufhin erfolgender Szenenwechsel bringt den Leser als Begleitung zu der, sich in den letzten zwei Stunden ihres Streifendienst befindlichen, Polizistin Amelia Sachs, welche als örtlich nächster Officer zu einem Leichenfundort auf einem Bahndamm bestellt wird. Der makabere Fund und ihre individuelle Spurensicherung katapultieren die Protagonistin mitten in ihr ganz persönliches Abenteuer, aber auch in einen außergewöhnlichen Kriminalfall. Denn beim Toten, John, sind weitere Indizien aufzufinden, welche die Polizei überfordern, weshalb hochrangige Polizeibeamte, auch im Hinblick auf eine im Hintergrund der Handlung mehrmals einen Wendepunkt gebende geplante UN-Konferenz, den verletzungsbedingt aus dem Dienst ausgeschiedenen und nun an sein Bett gefesselten Lincoln Rhyme nach mäßiger Überredung hinzuziehen.

Die gesammelten Hinweise werden Ryhme später verraten, wo sich das zweite Opfer, TJ Colfax, befindet und führen zudem zu einem gefährlichen Wettlauf gegen die Zeit. Ein Wettstreit der schon von vornherein auswegslos erscheint. – Der Fund der Leiche von TJ Colfax, sowie eine Beschwerde von Amelia Sachs über Rhymes Spurensicherungsmethoden, gegenüber dem stellvertretenden Polizeichef Randolph Eckert, leiten schließlich zum zweiten Teil über, der mit einer kürzeren Darstellung der Täterperspektive und der Schilderung des Angriffs auf das dritte Opfer, der deutschen Studentin Monelle Gerger, beginnt, die vom Täter mit tiefen Schnittwunden in einem verlassenen ehemaligen Viehhof zurückgelassen wird.

Die Mannschaft um Rhyme konzentriert sich währenddessen auf die bisherigen Indizien, die Wichtigsten werden entsprechend dem von Rhyme präferierten Untersuchungsverfahren, tabellarisch zusammengefasst – diese Tabelle wird regelmäßig nach jeder ergänzten Eintragung für den Leser eingeblendet, so dass man stets selbst die Möglichkeit erhält dem Täter durch kombinatorisches Geschick auf die Schliche zu kommen.
Eines der Fundstücke, welches bewusst vom Täter platziert wurde, lässt die Ermittler gerade noch rechtzeitig Monelle Gerger retten, allerdings tauchen auch wieder weitere Elemente der „Schnitzeljagd“ auf. In der Zwischenzeit involviert sich das FBI in der Gestalt einer Mannschaft um Fred Dellray, ebenfalls selbst in den Fall. Dieser hatte nämlich den Bericht eines V-Manns erhalten, wonach Kriminelle möglicherweise einen Anschlag auf die eingangs erwähnte UN-Konferenz planen, was die Bundespolizei vermuten ließ, dass die Serienmorde zur Ablenkung der New Yorker Polizei vom Schutz der Konferenz veranstaltet wurden.

Im dritten Abschnitt des Romans übernimmt kurz nachdem eine daktyloskopische Spur am Tatort sichergestellt werden konnte, so dann das FBI überfallartig die Ermittlungen und versucht, den Fingerabdruck, der zu einem Mann mit passendem potentiell kriminellem Profil gehört, für eine schnelle Fallaufklärung zu nutzen. Es wird allerdings nur die Leiche des Mannes, Victor Pietrs – ein weiteres Opfer des Knochensammlers, gefunden, worauf wieder das Team von Lincoln Rhyme die Angelegenheit zurückerhält.

Der Täter hat sich derweil zwei weiterer Opfer, eines älteren Mann namens William Everett und einer Endzwanzigerin in violetter Joggingkleidung, bemächtigt. Everett wird, wie es alle anderen Taten waren, in Nachstellung der Handlungen einer (in Wirklichkeit fiktiven) Vorlage aus dem Buch „Berühmte Kriminalfälle des alten New York“ oberhalb des Wasserspiegels, aber unterhalb des Flutscheitelpunktes an alten Holzpfählen im Hudson River gefesselt, die Frau in den Unterschlupf des Täters verschleppt; der Leser gewinnt hierbei weitere Einblicke in die Lebensumstände des Knochensammlers, welcher eine offenkundige Vorliebe für das anatomische Präparieren von menschlichen Knochen und Skeletten hat. Ebenso bekommt man die Entführung von Carole Ganz und ihrer Tochter Pammy beschrieben, mutmaßlich eine der Letzten in der bisherigen Opferreihe.

Der vierte Teil umfasst wiederum größtenteils die Aufklärung der Mordserie, denn Rhyme gelingt es durch das zuvor von Amelia Sachs, die sich im bisherigen Verlauf von einer Streifenpolizistin zu einer (inoffiziellen) Spurensicherungsbeamtin wandelt, bei William Everett gesicherte “echte” Spurenmaterial, nicht nur direkte Rückschlüsse auf den Täter, sondern auch seinen Unterschlupf zu ziehen. Diese Handlungsentwicklung hat eine dramatische Szenensequenz zur Folge, in dessen Verlauf Amelia in ihrer Wohnung angegriffen, verschleppt und lebendig begraben wird.
Der Klimax endetet schließlich in einer persönlichen Konfrontation vom querschnittsgelähmten Rhyme mit den zwei potentiellen Tätern. Der Eine, der sich für Rhymes Rückmarksverletzungen verantwortlich fühlt und der Andere, der eine gleichermaßen gewichtige Rolle in seinem Leben spielt. So endet das Buch also mit einer spannenden Begegnung, bevor man im fünften Teil, dem kurzen Epilog, erlebt, wie Rhyme seine ständig ihn begleitenden suizidalen Gedanken verwirft und er von einem neuem Fall, der ebenso wie die Geschichte in sich, gut auf die vorigen Ereignisse aufbaut, eingeholt wird.

Ein wunderbarer Auftakt zu einem sich durch weitere Werke von Jeffery Deaver um das Ermittlerduo Rhyme/Sachs ziehenden Roman.

Insgesamt daher eine definitiv sehr interessante und den Leser packende Buch-in-einem-Buch-Geschichte, mit für die damalige Zeit modernen Ermittlungsmethoden, einem Blick für das Detail, sowie etlichen in sich stimmigen, als auch authentischen Details und gut recherchierten Hintergründen. Die dazu gleichermaßen positiv dargestellte emotionale Komponente, durch bildreiche Metaphern und intelligente Schlussfolgerungen beziehungsweise Dialoge des Protagonistin-Paares, unterstreichen zusammen mit der dramatischen Atmosphäre nur noch einmal diesen Eindruck.

Auch der gleichnamige Film, welcher in einem Jahrzehnt produziert wurde in der Regisseure im Prinzip nicht viel Wert auf Buchdetails und Handlungstreue legten, wartet (abgesehen von der Besetzung durch Angelina Jolie) mit zumindest gut gedrehten Passagen auf. Grundlegende Figuren wurden zwar Schauspielerisch (zum Beispiel wird Lincoln Rhyme durch Denzel Washington verkörpert, im Original ist der sich im Ruhestand befindliche Detective kaukasisch – auch die medizinische Betreuerin wechselt ihr Geschlecht, denn im Buch ist sie männlich), jedoch nicht in ihrer charakteristischen Darstellung ausgetauscht, was dazu führt das generell die Grundaussagen, ebenso wie der stets spannende Rahmen der Geschichte beibehalten werden.

Dies erlaubt nunmehr den Schluss mit einer der gemeinsamen Kernbotschaften des Werks:

» Schicksal ist, was wir daraus machen. «

Wertung: 5/7 Schreibfedern
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